Die Vorfreude war groß. Die Vorbereitungen liefen schon seit Tagen oder sogar Wochen auf Hochtouren. Viele Dinge mussten erledigt werden, die ein bisschen Schwung in den Alltag brachten. Ich muss gestehen, dass am Anfang die Therapeuten mit mehr Eifer dabei waren. Doch nach und nach engagierten auch wir Patienten uns mehr. Mein persönliches Highlight war das Basteln der Tischdeko. Wir nutzten leere Einmachgläser, von Nutella bis zum Olivenglas, und gestalteten sie ganz nach unserem Motto „Oriental Summer". Sogar die Stadt München wurde über das Vorhaben unserer „Hauptattraktion" informiert. Und dann war der Freitag auch schon da. Die Tatsache, dass es der Dreizehnte war, war eine lustiger Kontrast dazu, dass wir vorhatten, ein kunterbuntes Sommerfest zu feiern (worüber auch ein paar Witze gerissen wurden).
Schon den ganzen Tag lag eine freudige Erwartung in der Luft, die das gesamte Haus wach machte. Gegen zwölf Uhr startete der Aufbau, die Dekogruppe waltete um zwei Uhr ihres Amtes. Sogar das Wetter wollte mitfeiern, denn es war sehr warm, sodass die eine oder andere noch in ihr Zimmer eilte, um sich luftiger anzuziehen. Um 15 Uhr trafen dann die ersten Gäste ein. So manches bekannte Gesicht wurde begrüßt, denn viele ehemalige Patientinnen waren gekommen, und ein paar Freudenschreie hallten durch die Flure. Auch viele Eltern und Angehörige fanden sich in Grüppchen auf der Terrasse zusammen und schwatzten. Wenig später begrüßte die Leitung unserer bescheidenen Behausung, Fr. Dr. Lachenmeir, die Gäste, schwärmte von dem wunderbaren Wetter und legte den Angekommenen das oben genannte Motto des diesjährigen Sommerfestes dar. Außerdem stellte sie das Programm vor, das aus gemeinsamem Singen, der Möglichkeit, mit den jüngeren Patienten Armbänder zu knüpfen, und der ebenfalls bereits genannten Hauptattraktion bestand, die ich aber aus Gründen des Spannungsaufbaus – ja, ich habe im Deutschunterricht aufgepasst! – noch nicht nennen will. Das reichhaltige Buffet war bereits eröffnet. Frau Lachenmeir wünschte den Gästen einen schönen Nachmittag.
Anschließend erklang mit „ Hey, Soul Sister" die erste Gesangseinlage. Die hohen Stimmen waren anfangs kläglich leise, doch langsam entwickelte sich das gesummte Ständchen zum inbrünstigen Chor, begleitet auf der Gitarre von einer Patientin. „Let it Be" kannten alle, was daran liegen könnte, dass ein Großteil der anwesenden Leute – zumindest theoretisch betrachtet – die Möglichkeit gehabt hätte, ein Konzert der Beatles zu besuchen. Es folgte „Auf uns!" von Andreas Bourani, das Lied, das bei der WM vor vier Jahren als Titelsong gespielt wurde. Mag sein, dass viele aus diesem Grund so kleinlaut mitsangen. (Beim Sommerfest war Deutschland schon aus der WM 2018 ausgeschieden.) Trotzdem gab es hierfür einen kräftigen Applaus und nicht nur für Oberarzt Dr. Bodeewes, unseren Hahn im Korb, der lautstark die Abschlussakkorde summte.
Spätestens danach machte das Buffet arge Verluste. Die Gäste versorgten sich mit Getränken und Kuchen oder Obst. Vor allem der Kaffee floss in Strömen. Um halb Fünf fanden wir, die Patientinnen, uns zusammen und nahmen die Kaffeemahlzeit ein, die uns unsere Essstruktur vorschreibt, indem wir uns ebenfalls am Buffet bedienten.
Die Hauptattraktion begann eine Viertelstunde später. Die Gäste wurden gebeten, Wünsche auf Karten zu schreiben. (Diese sind übrigens mit dem TCE-Logo versehen, falls Ihr eine davon findet.) Die Karten wurden jeweils einzeln an einen Luftballon gebunden, und alle wurden ermahnt, diesen noch fest zu halten. Gegen 17 Uhr sangen wir das Lied „Beautiful" von der wunderschönen Christina Aguilera. Mit dem Thema, um das es in den Textzeilen geht, muss sich auch die eine oder andere Patientin in ihrer Therapiezeit beschäftigen, sodass es sehr passend war. Da das Lied hohe Töne beinhaltet, war der männliche Bass nur zu erahnen, doch die Therapeutinnen waren sehr dabei.
Zum Abschluss trällerten noch alle lautstark Nenas „99 Luftballons". „Hab´n Wunschzettel an Luftballons gebunden, denk an dich und lass ihn fliegen", bei dieser Zeile wurden einvernehmliche Blicke getauscht und die Luftballons losgelassen. Das Bild, der in den Himmel steigenden, bunten Punkte war wunderschön. (Wenn man mal die Luftballons beiseite lässt, die, naja, wohl mit zu schweren Wünschen beladen waren und im Baum hängen blieben. Manche wurden auch von ihrer Last erleichtert, nutzten ihre zweite Chance und schwebten davon. Wo sie jetzt wohl sind?).
Zum Schluss bedankte sich Fr. Lachenmeir bei den Patientinnen und den zahlreich erschienenen Gästen und läutete den Abschied ein. Doch zuvor musste der Kunstraum noch von jedem besucht werden, denn das große Erinnerungsplakat musste noch beschrieben, bepinselt oder „bekünstelt" werden. Auf der Terrasse oder auf den Fluren wurde noch entspannt gequatscht. Langsam verabschiedete man sich, gegen 18 Uhr hatten die meisten Gäste das TCE verlassen. Alles in allem ein Sommerfest, das in guter Erinnerung bleiben wird!
Bildnachweis: TCE
Luisa, 16 Jahre, Patientin der Intensivphase