Eine Magersucht beginnt häufig schleichend. Auslöser ist in vielen Fällen eine Diät oder eine Ernährungsumstellung, manchmal auch eine Intensivierung von Sport und Bewegung. Anfangs führt dies häufig zu Erfolgserlebnissen, dazu gehört auch die Anerkennung durch andere. Oft werden dann die anfangs gesteckten Gewichtsziele immer weiter nach unten verschoben. Irgendwann jedoch merken die meisten Betroffenen, dass sie die Gewichtsabnahme nicht mehr kontrollieren können und dass die Vorstellung, wieder an Gewicht zuzunehmen, zunehmend angstbesetzt ist. Es kommt sehr schnell zu einer Chronifizierung der Essstörung. Im weiteren Verlauf kann sich die Symptomatik immer wieder wandeln, neue Symptome kommen hinzu, recht häufig – in 50 bis 90 Prozent aller Fälle – treten früher oder später auch bulimische Symptome auf, wie z. B. subjektive oder objektive Essanfälle oder gegenregulierende Maßnahmen wie Erbrechen oder Abführmittelkonsum. Unbehandelt sind die Chancen auf eine Heilung gering. Die Sterblichkeit von Menschen, die an einer Magersucht leiden, ist gegenüber der gesunden Normalbevölkerung um das Zehn- bis Zwölffache erhöht. Auf der DALY-Skala, einer Skala, die den Verlust an Lebensjahren durch eine körperliche oder psychische Krankheit und ihre Folgen misst, liegt die Magersucht in der entsprechenden Altersgruppe auf Platz 12 von 300. Doch selbst wenn eine Magersucht behandelt wird, können zehn Jahre nach der ersten stationären Therapie nur etwa 50 Prozent der dann noch lebenden Betroffenen als genesen gelten. Bei weiteren 30 Prozent besteht eine subklinische Symptomatik, d. h. es bestehen weiterhin Symptome einer Essstörung, das Ausmaß ist jedoch reduziert, die Volldiagnose einer klassischen Essstörung ist nicht mehr erfüllt. Rund 20 Prozent aller Betroffenen sind auch zehn Jahre nach der ersten stationären Behandlung noch chronisch krank mit allen Symptomen einer klassischen Magersucht oder einer anderen Essstörung, z. B. Bulimie oder Binge-Eating-Störung.
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